Welche Nahrungsergänzungsmittel für Veganer machen Sinn?
Die Fachgesellschaften für Ernährung sind sich im Grunde einig, dass eine vollkommene Nährstoffversorgung mit rein veganer Ernährung erreicht werden kann. Sie geben aber zu bedenken, dass die Lebensmittel dafür ganz bewusst und gezielt ausgewählt werden müssen. Dies gilt insbesondere für Menschen in speziellen Lebensumständen wie Schwangere, Stillende, Sportler und Kinder, aber folglich auch für Menschen, die sich gern vegan ernähren möchten, jedoch nicht die Zeit und Erfahrung haben, detailliert auf alle Nährstoffe zu achten. [11, 12] Für diese Gruppen empfehlen sich durchdachte Nahrungsergänzungsmittel für Veganer mit den Stoffen, die in nicht-vegetarischen Speiseplänen hauptsächlich aus tierischen Produkten aufgenommen werden. Darunter sind auch Nährstoffe, bei denen auch bei der regulären Mischkost nicht immer die optimale Versorgung erreicht wird.
Calcium
Unsere Hauptquelle für Calcium sind Milchprodukte. In veganen Quellen wie Obst, Gemüse und Getreideprodukten ist wesentlich weniger Calcium enthalten, deshalb müssen Veganer besonders auf ihren Calciumhaushalt achten. [13] Selbst die Durchschnittsbevölkerung in Deutschland erreicht nach dem Ernährungsbericht 2012 der Deutschen Gesellschaft für Ernährung DGE den empfohlenen Referenzwert für Calcium nicht. Calcium ist in unserem Körper am Aufbau der Knochen, Muskeln und Zähne beteiligt. Es spielt außerdem eine Rolle bei der Blutgerinnung, dem Energiestoffwechsel, der Signalübertragung zwischen Nervenzellen, der Verdauung und der Zellteilung.
Zink
Im menschlichen Körper sind zwischen 2 und 4 g Zink enthalten. Es ist Bestandteil vieler Enzyme und damit an ebenso vielen Prozessen im Körper beteiligt. Zink trägt zur Gesundheit von Haut, Haaren, Nägeln, Immunsystem, Augen und der Knochen bei und schützt die Zellen vor oxidativem Stress. Darüber hinaus ist es am Stoffwechsel der Makronährstoffe Protein, Fett und Kohlenhydrate beteiligt sowie an der Synthese der DNA, dem Säure-Base-Haushalt, der kognitiven Leistungsfähigkeit, der Fruchtbarkeit, des Vitamin A-Metabolismus, der Zellteilung und der Balance des Testosteronspiegels. Hülsenfrüchte, Gemüse, Getreide und Nüsse sind gute vegane Zinkquellen. Jedoch wird Zink, das aus pflanzlicher Kost stammt, vom Körper schlechter aufgenommen als jenes aus tierischen Produkten. [14] Die Bioverfügbarkeit des enthaltenen Zinks verbessert sich, wenn Samen in Wasser eingelegt und zum Keimen gebracht werden. [15]
Eisen
Eisen ist vor allem für die Blutbildung und den Sauerstofftransport wichtig. Weniger bekannt ist seine Rolle bei der kognitiven Leistungsfähigkeit, dem Energie-Haushalt, dem Immunsystem und der Zellteilung. Besonders Frauen zwischen 15 und 25 Jahren nehmen weniger Eisen zu sich, als sie benötigen (Ernährungsbericht 2012 der DGE). Eisen wird am besten aus Fleisch aufgenommen. Aus Gemüse und Cerealien beträgt die Resorptionsquote nur 1 – 1,5 %. [13] Bei jeder Art von Speiseplan kann man mit Supplementen die tägliche Eisenzufuhr erhöhen.
Jod
Wer kein jodiertes Speisesalz verwendet, erreicht laut dem Ernährungsbericht 2012 der DGE den Referenzwert für Jod nicht. Die natürlichen Quellen sind hauptsächlich tierischen Ursprungs wie Seefisch, Milch und Eier. [13] Wer wie Veganer auf tierische Lebensmittel verzichtet, muss umso genauer auf seine Jodzufuhr achten. Jod ist vor allem wichtig für das Wachstum, das Nervensystem, die kognitive Leistungsfähigkeit, die Haut, die Energiegewinnung, aber auch für die Funktionsfähigkeit der Schilddrüse und die Produktion von Hormonen.
Vitamin D
Schon lange bekannt ist die Rolle von Vitamin D für die Förderung und den Erhalt der Knochengesundheit. [12] Vitamin D wird unter Einwirkung von ultraviolettem Licht in der Haut gebildet und ist im Körper eng mit der Regulation des Calciumhaushaltes verbunden. In den Knochen werden durch Vitamin D Proteine gebildet, die am Aufbau der Knochenmatrix und der Calcifikation beteiligt sind. Da Vitamin D, als Vitamin D3, vor allem in tierischen Produkten vorkommt, sind Veganer häufig von einem Mangel betroffen. Zwar enthalten einige pflanzliche Lebensmittel (Pilze, Kohl, Spinat, Avocados) Vitamin D, dies jedoch nur in geringen Mengen. [13] Um eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D zu gewährleisten, wird eine zusätzliche Aufnahme von Vitamin D durch Nahrungsergänzungsmittel in einigen Fällen sogar empfohlen. [12]
Vitamin B2
Vitamin B2, auch bekannt als Riboflavin, wird für einen funktionierenden Stoffwechsel und den Erhalt von roten Blutkörperchen und des Nervensystems benötigt. Positiven Einfluss übt Riboflavin auf Haut, Haare und Nägel, Sehschärfe, Fitness und allgemeine Wachstumsprozesse aus. Durch die Einnahme von Riboflavin können Verbesserungen bei Migräne, chronischer Müdigkeit, der Konzentrationsfähigkeit und der Stimmung beobachtet werden. [17] Riboflavin zählt bei einer veganen Ernährung zu den kritischen Nährstoffen, da dessen Hauptquelle tierische Lebensmittel darstellen. [16]
Vitamin B12
Vitamin B12 (Cobalamin) weist ähnliche Eigenschaften wie Riboflavin auf und ist zudem am Aufbau der Erbsubstanz beteiligt. Aktuelle Studien befassen sich mit der Rolle von Cobalamin in der Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Neuralrohrdefekten, Depression, Alzheimer und Demenz. Vitamin B12 kann nur von Bakterien gebildet werden und liegt in seiner verwertbaren Form nahezu ausschließlich in Lebensmitteln tierischen Ursprungs vor. [18] Für Veganer besteht deshalb ein hohes Risiko eines Vitamin B12-Defizits, weshalb diese besonders auf eine ausreichende Vitamin B12-Versorgung, z. B. durch angereicherte Nahrungsmittel oder Nahrungsergänzungsmittel, achten sollen.
Aminosäure Lysin
Wird, wie für die vegane Ernährung charakteristisch, auf tierische Produkte verzichtet, schließt man eine erhebliche Quelle des Makronährstoffes Protein aus. Der Anteil der zugeführten Energie durch Protein soll laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung bei ca. 15 % liegen. Um diesen Richtwert erreichen zu können, müssen Veganer auf eine ausreichende Aufnahme von pflanzlichem Protein achten. Wichtig ist dabei eine ausgeglichene Auswahl verschiedener pflanzlicher Proteinquellen wie Hülsenfrüchte, Getreide- und Sojaprodukte, da bei diesen Proteinen die Aminosäurezusammensetzung sehr unterschiedlich sein kann. Besondere Aufmerksamkeit gilt der essentiellen Aminosäure Lysin, da diese kaum in Getreide vorkommt. Dieses Defizit kann durch den vermehrten Verzehr von Bohnen und Sojaprodukten ausgeglichen werden. [12] Veganer sollen deshalb auf eine Vielfalt an pflanzlichen Lebensmitteln achten, um eine ausreichende Versorgung mit allen essentiellen Aminosäuren sicher zu stellen.
Langkettige Omega-3 Fettsäuren
Die Omega-3-Fettsäuren sind seit vielen Jahren ein Thema in den Ernährungswissenschaften. In der Zwischenzeit wurden außergewöhnlich viele Studien über die Wirkung von EPA und DHA im Körper durchgeführt. Diese langkettigen Omega- 3-Fettsäuren sind Bestandteile jeder einzelnen Zelle unseres Körpers und die Vorstufen von entzündungshemmenden Botenstoffen. Dadurch haben sie einen positiven Einfluss auf viele Vorgänge in unserem Organismus, wie der Funktion des Herzes, des Gehirnes und der Augen. EPA und DHA werden in unserer normalen Ernährung fast ausschließlich über Seefische aufgenommen. Die Fachgesellschaften empfehlen 2 x pro Woche Fisch zu essen, darunter fettreiche Kaltwasserfische wie Lachs, Makrele, Hering, Thunfisch und Sardine, die signifikante Gehalte an EPA und DHA vorweisen können. Veganern wird empfohlen, langkettige Omega-3-Fettsäuren aus speziell hergestellten Algenölkapseln aufzunehmen und ihre an sich sehr gesunde Ernährung damit abzurunden.
Was versteht man unter veganer Ernährung?
Vegane Ernährung bedeutet, sich rein pflanzlich zu ernähren. Im Unterschied zu Vegetariern lehnen Veganer nicht nur den Konsum von Fleisch ab, sondern aller tierischer Rohstoffe wie Milchprodukte, Ei und Honig. Veganismus kann auch über die Ernährung hinaus auf alle Lebensbereiche übertragen werden, indem man keine Produkte aus tierischen Materialien wie Leder, Wolle, Daunen und Seide verwendet. Bei Kosmetika kann man darauf achten, dass sie ohne tierische Bestandteile wie Wollfett oder Bienenwachs hergestellt werden und die Produzenten einen transparenten Umgang mit dem Thema Tierversuche pflegen.
Schon bei antiken, römischen und christlichen Philosophen wurden immer wieder verschiedene vegetarische Lebensstile diskutiert, propagiert und gelebt. Unabhängig davon hat der Vegetarismus in Indien ebenfalls eine lange Tradition, die beispielsweise auch mit dem Yoga verknüpft ist. Die Gründe, vegetarisch oder vegan zu leben, waren damals vielfältig, zum Teil religiös bedingt, aber auch in den Anfängen spielte die philosophische Betrachtung des Tierwohls bereits eine Rolle. [1]
Auch heute ist der Tierschutz noch einer der wesentlichen Gründe, um vegan zu leben, aber bei weitem nicht der einzige. Die gesamte Umwelt kann von der veganen Lebensweise eines Menschen profitieren, denn tierische Produkte benötigen zur Herstellung mehr Energie, Wasser und andere Ressourcen. Dass die Ernährung ein relevanter Faktor beim Klimawandel ist, sieht man an den Zahlen des Berichtes der FAO aus 2006, nachdem die Nutztierhaltung für 18 % des Klimawandels (ausgedrückt als CO2- Äquivalente) und 8 % des Trinkwasserverbrauches verantwortlich ist. [2]
Entscheidenden Einfluss hat die vegane Ernährung auf unsere Gesundheit. Veganer sind im Allgemeinen weniger gefährdet, Zivilisationskrankheiten zu entwickeln. Sie leiden im Schnitt deutlich weniger an Übergewicht, was generell das Krankheitsrisiko verringert. [3-5] Das Diabetes-Risiko sinkt bei veganer Ernährung erheblich. In einer Studie aus 2009 lag die Diabetes Prävalenz von nicht-Vegetariern bei 7,6 %, bei Veganern nur bei 2,9 %. [4] In einer Überblicksarbeit von mehreren Studien über Herzkrankheiten wurde ermittelt, dass bei veganer Ernährung das Risiko, an einer ischämischen Herzerkrankung zu sterben, im Vergleich zu nicht-Vegetariern um 26 % verringert war. [6] Außerdem leiden Veganer vor allem aufgrund des niedrigeren Body Mass Index seltener an Bluthochdruck. [7] Bei den Krebskrankheiten ist das Risiko für Veganer ebenfalls niedriger als das der nicht-Vegetarier. [8]
Allein wegen dieser beeindruckenden Effekte auf die Gesundheit und Lebensqualität entscheiden sich immer mehr Menschen für eine vegane oder nach ihren Möglichkeiten teilweise vegane Ernährung, die möglichst wenig tierische Produkte enthält. Die Zahl der in Deutschland lebenden Veganer wird aktuell auf fast 900.000 geschätzt, 1,1 % der Bevölkerung. [9, 10]
Autoren
Brigitte Hicks
Dipl.-Ing. (FH) Brigitte Hicks hat Biotechnologie an der Hochschule Weihenstephan studiert und überwacht die Qualität der eingesetzten Rohstoffe bei der Goerlich Pharma GmbH. Neben der Freigabe der eingekauften Rohstoffe unterstützt sie den Einkauf bei der Auswahl und Beurteilung neuer Roh- und Hilfsstoffe und steht dem Vertrieb bei der Beantwortung von Kundenfragen zur Seite.
Dr. Susanne Kühnl
war Managerin Projekte und Entwicklung bei der Goerlich Pharma GmbH. Sie hat an der Technischen Universität München Lebensmittelchemie studiert und an der Universität Innsbruck ihre Promotion über neue entzündungshemmende und immunmodulierende Naturstoffe abgeschlossen.
Fachliteratur / Referenzen:
[1] Vegetarier Bund Deutschland https://vebu.de/themen/menschen/geschichte-des-vegetarismus
[2] Lifestock‘s long shadow, FAO 2006, ISBN 978-92-5-105571-7
[3] N. S. Rizzo, K. Jaceldo-Siegl, J. Sabate, G. E. Fraser: Nutrient profiles of vegetarian and nonvegetarian dietary patterns (2013) J Acad Nutr Diet 113(2) 1610 – 1619
[4] S. Tonstad, T. Butler, R. Yan, G. E. Fraser: Type of vegetarian diet, body weight, and prevalence of type 2 diabetes (2009) Diabetes Care 32(5) 7791 – 796
[5] E. A. Spencer, P. N. Appleby, G. K. Davey, T. J. Key: Diet and body mass index in 38000 EPIC-Oxford meat-eaters, fish-eaters, vegetarians and vegans (2003) Int J Obes Relat Metab Disord 27(6) 728 – 734
[6] T. J. Key, G. E. Fraser, M. Thorogood, P. N. Appleby, V. Beral, G. Reeves, M. L. Burr, J. Chang-Claude, R. Frentzel-Beyme, J. W. Kuzma, J. Mann, K. McPherson: Mortality in vegetarians and nonvegetarians: detailed findings from a collaborative analysis of 5 prospective studies (1999) Am J Clin Nutr 70(3) 516 – 524
[7] P. N. Appleby, G. K. Davey, T. J. Key: Hypertension and blood pressure among meat eaters, fish eaters, vegetarians and vegans in EPICOxford (2002) Public Health Nutr 5(5) 645 – 654
[8] Y. Tantamango-Bartley, K. Jaceldo- Siegl, J. Fan, G. Fraser: Vegetarian diets and the incidence of cancer ina low-risk population (2013) Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 22(2) 286 – 294
[9] Vegetarier Bund Deutschland https://vebu.de/news/2493-defizitvegetarisch-vegane-ernaehrung-aufreisen
[10] Statistisches Bundesamt, Bevölkerung 2014 (30.09) https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Bevoelkerung/Bevoelkerung.html
[11] Deutsche Gesellschaft für Ernährung DGE Fachinformationen: Vegane Ernährung: Nährstoffversorgung und Gesundheitsrisiken im Säuglings- und Kindesalter https://www.dge.de/wissenschaft/weiterepublikationen/fachinformationen/vegane-ernaehrung-saeuglingkindesalter/
[12] Position of the American Dietetic Association: Vegetarian Diets (2009) J Am Diet Assoc (109) 1266 – 1282
[13] H.-D. Belitz, W. Grosch, P. Schieberle: Lehrbuch der Lebensmittelchemie (2001) 5. Auflage, Springer Verlag Berlin Heidelberg
[14] J. R. Hunt: Bioavailability of iron, zinc, and other trace minerals from vegetarian diets (2003) Am J Clin Nutr 78(3) 633 – 639
[15] B. Lönnerdal: Dietary factors influencing zinc absorption (2000) J Nutr 130(5S Suppl) 1378 – 1383
[16] A.Schwink: Vegane Ernährung, Teil 1 + 2 (2014) Ernährungs Umschau 23 – 30
[17] Deutsches Grünes Kreuz http://dgk.de/gesundheit/mikronaehrstoffebiosubstanzen/lexikon/vitamine/vitamin-b2-riboflavin.html
[18] Deutsches Grünes Kreuz http://dgk.de/gesundheit/mikronaehrstoffebiosubstanzen/lexikon/vitamine/vitamin-b-12-cobalamin.html